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Drei Engel auf Erden

Drei Engel auf Erden

 

An einem Tage, an dem der Himmel grau und Wolken verhangen war, rief Gott seine Engel zu sich; drei Stück an der Zahl, die wichtigsten. Sie waren mit einem goldenen Schein über ihrem Antlitz beschmückt. Hübsch waren sie, mit ihren gleißend weißen Flügeln. Ihre Erscheinung war Furcht einflößend und wohltuend zugleich. Und Gott entschied, ihnen einen neuen Auftrag zu geben. Denn in seinem Herzen stand geschrieben, dass er das Oberhaupt der Engel war, der Herrscher des Himmels, der Verantwortliche für die Menschen, die lebten, immer, tagein, tagaus. Gott empfand diese Aufgabe wichtiger als alles andere, es regelte seinen Tagesablauf und er misste es, wenn er nicht etwas tun konnte, um den Menschen zu helfen.

Doch nun - seine Engel standen Hand in Hand vor ihm - drehten sich so viele Gedanken in seinem Kopf. Jene blendeten seinen Verstand, ließen ihn an Dinge denken, die so surreal erschienen und ihn davon abhielten, so zu handeln, wie es seine Bestimmung war.


“Ich habe euch gerufen, weil ich eine Aufgabe für euch habe. Ich möchte, dass ihr einen Menschen findet. Er verdient das Glück. Er soll das Glück erhalten. Lobet ihn, preiset ihn. Liebt ihn.“
Schweigend - sie hatten keine Stimmen - knieten sie vor ihm nieder, obgleich er das nie von ihnen verlangte. Er liebte sie, sie waren seine Kinder, doch waren sie viel mehr als das, denn sie waren seine engsten Freunde, seine Untergebenen und seine Gehilfen. Sie waren verbunden miteinander.


Die Engel verschwanden. Zurück blieb eine Hand voll goldenen Staubes. Wie durch einen Wind glitt er durch Gottes Hände, zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht, ehe er sich abwandte und auf die Erde sah, auf die Menschen, unter ihnen einer, der das Glück verdiente.

Ein Engel - der erste unter ihnen - erschien auf der Erde. Seine Haare waren schwarz wie Ebenholz, sein Gesicht weiß wie Schnee. Doch sein Antlitz wirkte menschlich; niemand hätte ihn je für einen Engel gehalten.
“Verzeihen sie, werte Frau, ich suche einen Menschen. Er verdient das Glück.“
Grausam verbreitete sich eine unangenehme Röte auf dem Gesicht der Dame, ehe sie umkehrte und man durch das klangvolle Stakkato ihrer Stiefel vernahm, dass sie sich entfernte.
Der Engel stand wieder am Anfang.

Ein Engel - der zweite unter ihnen - erschien auf der Erde. Grau waren seine Haare, sie glänzten jedoch wie die Wasseroberfläche an einem Regentag. Doch sein Antlitz wirkte menschlich; niemand hätte ihn je für einen Engel gehalten.
“Verzeihen sie, werter Herr, ich suche einen Menschen. Er verdient das Glück.“
Wie die Menschen waren, verstanden sie Gottes Engel nicht. Sie sahen nicht ihre Aufgabe, sie sahen nicht in ihnen Gottes Engel. Sie sahen nur die Antlitze verschiedener Menschen, die ihnen Fragen stellten, die sie nicht hören wollten, weil sie Lieder sangen, die sie nicht hören wollten.
Ihre Stimmen waren melodisch, obgleich sie keine besaßen.

Der Engel stand wieder am Anfang.

Ein Engel - der dritte unter ihnen und somit der letzte - erschien auf der Erde. Blonde Haare auf dem Haupt. Es glänzte wie Gold. Er schien mysteriös und schön.
Sein Gesicht war das eines Engels.
“Verzeihen sie, wertes Fräulein. Ich bin ein Engel Gottes. Ich suche einen Menschen. Er verdient das Glück.“
Ein leises Flüstern machte die Runde der Kinder. In einer Traube standen sie, eng bei einander gedrängt, in der Angst, jemand könne sie trennen.
“Ein Engel Gottes?“, flüsterten ihre zierlichen Stimmen.
Sie drehten ihm den Rücken zu. Es sollte nicht so sein. Es gab keine Engel für sie. Nicht jetzt, nicht morgen, nie wieder.

Die Engel standen wieder am Anfang.
 
   
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